WIR ALLE SPRECHEN GRIECHISCH

 

von Konstantinos Feslidis

 

Meinen Beitrag über die griechische Sprache und ihren Einfluss auf das Deutsche möchte ich mit einem kurzen Gedicht über die Griechen beginnen, welches dem Poeten und Philosophen Friedrich von Schiller angedichtet wird: 

 

 „Verdammter Grieche, wohin ich mein Denken drehe, wohin ich meine Seele wende,

sehe ich dich, finde ich dich.

Sehne ich mich nach Kunst, Poesie, Theater, Architektur bist du davor, erster, unübertroffen.

Suche ich nach Wissenschaft, Mathematik, Philosophie, Medizin bist du führend und unüberwindlich.

Durste ich nach Demokratie, Gerechtigkeit und Gleichheit, bist du vor mir, konkurrenzlos.

Verfluchter Grieche... Verfluchtes Wissen. Warum soll ich dich berühren?

Um zu spüren, wie klein ich bin, unwichtig, unbedeutend? Warum lässt du mich nicht in

mein "Elend und in meine Sorglosigkeit?"

 

<Übersetzung:>

"Αναθεματισμένε Έλληνα! Όπου να γυρίσω τη σκέψη μου, όπου και να στρέψω την ψυχή μου, εσένα βλέπω, εσένα βρίσκω...

Αν τέχνη λαχταρώ, ποίηση, θέατρο, αρχιτεκτονική, εσύ είσαι εμπρός μου, πρώτος και αξεπέραστος!

Αν επιστήμη αναζητώ, μαθηματικά, φιλοσοφία, ιατρική, εσύ κορυφαίος και ανυπέρβλητος!

Αν για δημοκρατία διψώ, δικαιοσύνη και ισότητα, εσύ ξανά μπροστά μου ασυναγώνιστος και απαράμιλλος!

Καταραμένε Έλληνα, καταραμένη γνώση. Γιατί να σε αγγίξω;

Για να αισθανθώ πόσο μικρός είμαι, ασήμαντος και τιποτένιος;

Γιατί δεν με αφήνεις στην δύστυχη ανεμελιά μου; "

 

Historischer Ursprung

Griechisch ist die älteste Sprache Europas. Die Ilias und die Odyssee, zwei um 800 v. Chr. entstandene Epen, die Homer zugeschrieben werden, sind die ältesten Zeugnisse der griechischen - und somit der europäischen Literatur.

Das griechische Alphabet entstand um 900 vor Christi. Durch den Kontakt griechischer Kolonisten mit Etruskern und Römern in Süditalien entwickelte sich aus dem griechischen Alphabet das Lateinische. Mit der Verbreitung des Christentums gelangte das lateinische Alphabet auch nach Mittel- und Nordeuropa. Das deutsche Alphabet, die deutsche Variante des lateinischen Alphabets, stammt also letzten Endes aus dem Griechischen. Aus der Feder griechischer Mönche entstammt das kyrillische Alphabet für die slawischen Sprachen in Osteuropa. Ähnlichkeiten zum Griechischen sind auch hier unverkennbar.

Die kulturelle Ausstrahlung Griechenlands auf Deutschland und ganz Europa wirkt bis heute nach. Mehr noch: die griechische und die deutsche Sprache haben gemeinsame Wurzeln, beide sind indogermanische Sprachen, wenn auch die Gemeinsamkeiten nicht sofort ins Auge fallen. Man vermutet die Existenz einer gemeinsamen "Urheimat", in der " proto-indogermanisch" gesprochen wurde.  

 

 

Griechisch ist allgegenwärtig

 

Wie bereits erwähnt, ist die abendländische Kultur maßgeblich durch die Sprache und Kultur des antiken Griechenlands geprägt. In griechischer Sprache beginnt die europäische Literatur, Philosophie (grch. φιλοσοφία philosophía, latinisiert philosophia, wörtlich „Liebe zur Weisheit“) und Wissenschaft. Bedeutende Werke der Weltliteratur wie die homerischen Epen, die großen Dramen von AischylosSophokles und Euripides, die philosophischen Schriften von Platon und Aristoteles oder das Neue Testament sind auf Griechisch verfasst. In zahlreichen Lehn- und Fremdwörtern ist Griechisch in vielen modernen Sprachen lebendig.

 Laut einer Studie basieren mehr als 150.000 Wörter allein in der englischen Sprache (jedes vierte Wort) und der internationalen Wissenschaftsterminologie auf dem griechischen Vokabular. Es ist kein Zufall, dass die Amerikaner bei der Wiedergabe eines komplexen Sachverhaltes sagen: "Die Griechen haben bestimmt ein Wort dafür". Etymologisch gesehen verbindet sich oft mit einem Wort eine ganze Geschichte, z.B. verweist das Wort spartanisch sprichwörtlich auf die Härte und Einfachheit der Spartaner, während das Wort lakonisch auf die knappe, aber treffende, trockene, schmucklose und präzise Ausdrucksweise der Einwohner von Lakonien / Sparta hinweist. Diese Bedeutung der beiden Wörter hat sich bis heute im Deutschen erhalten.  

  

Griechisch lebt im Alltag der Deutschen

 

Bis heute wird im Englischen der Ausdruck „that is Greek to me“ verwendet, was dem deutschen Ausdruck „das kommt mir spanisch vor“ entspricht.  In Deutschland hingegen empfand man offenbar zu keiner Zeit das Griechische als etwas derart Fremdes, dass es zum Synonym für „unverständlich“ werden konnte.

Im ganz normalen Alltag werden die meisten von uns permanent mit griechischen Wörtern konfrontiert. Manche werden an der Fremdartigkeit erkannt, „Fremdwörter“ eben, die aus dem Griechischen kommen. Doch viele sind schon so sehr in den deutschen Sprachgebrauch eingebunden, dass man sie beinahe für deutsche Wörter hält. Sie werden als „Lehnwörter“ bezeichnet. Im Folgenden nun eine Auflistung wichtiger Begriffe und Redewendungen, die ihre Wurzeln unmittelbar im Griechischen haben:

Man redet von platonischer Liebe, stoischer Ruhe, von Pyrrhussiegauch von Erotik, Harmonie, Disharmonie, Kakophonie, Synergie, man antwortet lakonisch, lebt spartanisch, beobachtet etwas mit Argusaugen, leidet unter dem Ödipuskomplex, leistet Sisyphusarbeit und ergreift die Flucht vor einer Xanthippe.

 

 

Griechisch in der Postmoderne

 

AEG, Grundig, Philips, Rowenta, Siemens statten ihre Staubsauger mit der Zyklontechnik (von griechisch κυκλῶν kyklōn „rotierend“) aus, d.h. flüssige Partikel werden durch spezielle Hydrozyklone < grch. hydor= Wasser> abgesondert. 

Das Automodell „Matrix“ von Hyundai sowie auch der gleichnamige Film tragen einen griechischen Begriff (grch. metra= Gebärmutter) mit folgenden Eigenschaften: fruchtbar, umhüllend, umfassend, ernährend, versorgend, beschützend, gebärend und verbergend. Fiat benennt sein Automodell "Alpha" (Α, α) nach dem 1. Buchstaben des griechischen Alphabets. 

Markennamen werben mit dem Klang griechischer Wörter für ihre Produkte. So schmückt sich die Suchmaschine Lycos (grch. Lykos = Wolf) mit einem griechischen Wort. Ebenso wirbt Acer für sein Tablet Iconia mittels eines griechischen Wortes (grch. ikona = Ikone, Bild). Das Hypnosetherapiezentrum <hypnos=Schlaf, therapia=Heilung und kentro=Zentrum> in Mönchengladbach verwendet gleich 3 griechische Wörter für seine Bezeichnung und versucht mithilfe von Hypnose eine Psychotherapie durchzuführen. 

Die Europäische Union benennt Ihre Aktion gegen Flüchtlinge auf dem Mittelmeer nach dem Meeresgott „Triton, grch. Τρίτων“. Nach der griechischen Mythologie kann Triton das Meer aufwühlen oder beruhigen.

Demeter, ein geschütztes Markenzeichen, entlehnt ihre Firmenbezeichnung aus der griechischen Mythologie. Demeter (grch. Δημήτηρ, Δήμητρα, Δηώ) ist in der griechischen Mythologie eine dreifache Muttergöttin, die zuständig für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten ist. 

 

 

Der Einfluss des Griechischen auf die deutsche Sprache

 

Die Staatsform Demokratie  als Gegensatz zu der Monarchie  < dt. die Herrschaft eines Einzelnen> und der Oligarchie, die olympischen Spiele der Neuzeit verdanken wir Hellas.  Das Drama, die Komödie und Tragödie, die Literatur von Homer und Hesiod bis Aischylos, Sophokles und Aristophanes werden noch heute gelesen, ebenso wie Herodot und Thukydides. Griechisch ist noch heute Wissenschaftssprache, ebenso wie der Satz des Phythagoras, des Thales oder des Euklid noch heute Gültigkeit haben. Die Philosophie  <grch.  philein, dt. "lieben" + sophia, dt. " Weisheit"> Platons, Sokrates oder des Aristoteles wird noch heute erörtert.

Auch die Alltagssprache des Deutschen enthält eine Fülle von Gräzismen, also Begriffe, deren Wurzeln im Griechischen liegen. Gräzismen sind Wörter, die aus dem Griechischen in die deutsche Sprache eingewandert sind. Viele Gräzismen haben die deutsche Sprache auch über das Latein erreicht, z.B.: „Stadium“, von griech. στάδιο stádio(n) über lat. stadium.

 

Anbei fügen wir nun eine Auswahl von Gräzismen bei, die im Deutschen sehr häufig Verwendung finden:

Akademie, Akustik, Analphabet, Analyse, Anonymität, Anatolien, Anekdote, Anomalie, Antichrist, Antipathie, Apathie, Apokalypse, Apotheke, Archiv, Architektur, Ästhetik, Astronaut, authentisch, Autismus, Auto, Automat, Autonomie, Autopsie,  Bakterie, Bar, Barbar, Barometer, Basis, Bibel, Bibliothek, Biografie, Biologie, Butter, Charakter, Charisma, Chronometer, Dämon, Demokratie, Demoskopie, Dia, Diät, Diagnose, Dialekt, Dialog, Diamant, Diaspora, Dramatik, Dynamik, Diskothek, Ekstase, Energie, Enthusiasmus, Epoche, Euphorie, Evangelium, Fotografie, frenetisch, Gastronomie, Gigantomanie, Glossar, Grafik, Gymnasium, Helikopter, Holocaust, Homophobie, Hormon, Horoskop, hybrid, Hydraulik, Hydrograph, Hypothek, Hysterie, Ideal, Idee, Idiot, Ironie, Katalog, Katalysator, Katastrophe, Kategorie, katholisch, Kilometer, Kino, Klima, Klinik, Komet, Krise, Kriterium, Kritik, Labyrinth, Leier, lesbisch, Lexikon, Logik, Manie, Masse, Melancholie, Meter, Methode, Mikrofon, Mimose, Monopol, Musik, Museum, Mythos, Narkose, Narzisse, Nektarine, Nostalgie, Nymphomanie, Ökologie, Ökonomie, Optik, Orchester, Orchidee, Organ, Organisation, Organismus, Orgasmus, Orgie, Ozean, Pädagogik, Panik, Panorama, Papier, paradox, Parallele, Paralogie, Parodie, Pathos, Patriot, Periode, Pharmazie, Phänomen, Phantasie, Phase, Phobie, Planet, Plasma, Politik, Polizei, Polygamie, Pornografie, Praxis, Problem, Prognose, Programm, Prophezeiung, Prototyp, Pseudo, Rheuma, Rhytmus, Sarkasmus, Saurier, Schema, Schule, Skandal, sporadisch, Strategie, Symbol, Sympathie, Symbiose, synchron, Synthese, System, Szene, Tachometer, Technik, Telefon, Theater Theke, Thema, Theorie, Therapie, Thermometer, These, Typ, Tyrann,  Utopie, Xenophobie, Zone, Zoo, Zyklon, Zylinder, Zyklus usw.  

 

Diese sollen lediglich exemplarisch erwähnt werden, um den Einfluss des Griechischen auf den deutschen Wortschatz zu illustrieren. 

 

  

Epilog

 

Zum Schluss  füge ich einen Textauszug aus der Rede von Giorgos Seferis, Literaturnobelpreisträger des Jahres 1963, über Griechenland und die Kontinuität des Griechischen an:

 

 <Textauszug:>

Ανήκω σε μια χώρα μικρή. Ένα πέτρινο ακρωτήρι στη Μεσόγειο, που δεν έχει άλλο αγαθό παρά τον αγώνα του λαού του, τη θάλασσα, και το φως του ήλιου. Είναι μικρός ο τόπος μας, αλλά η παράδοσή του είναι τεράστια και το πράγμα που τη χαρακτηρίζει είναι ότι μας παραδόθηκε χωρίς διακοπή. Η ελληνική γλώσσα δεν έπαψε ποτέ της να μιλιέται...

 

 <Lautschrift:>
Aníko se mia chóra mikrí. Éna pétrino akrotíri sti Mesógio, pou den échi állo agathó pará ton agóna tou laoú tou, ti thálassa, ke to fos tou íliou. Íne mikrós o tópos mas, allá i parádosí tou íne terástia ke to prágma pou ti charaktirízi íne óti mas paradóthike chorís diakopí. I ellinikí glóssa den épapse poté tis na miliéte.

 

<Übersetzung:>

Ich gehöre zu einem kleinen Land. Ein felsiges Kap im Mittelmeer ohne anderen Reichtum als den Lebenskampf seines Volkes, das Meer und das Licht der Sonne. Mein Land ist klein, aber sein Erbe ist gewaltig und durch die Tatsache gekennzeichnet, dass es uns ohne Unterbrechung überliefert worden ist. Die griechische Sprache hat nie aufgehört gesprochen zu werden.

  

Konnte ich Sie mit diesen Beispielen überzeugen, dass wir alle nicht nur Griechisch sprechen und schreiben, sondern dass selbst unsere Denkweise einige griechische Wurzeln hat?.... Die griechische Sprache lebt nicht nur in Griechenland, auf Zypern und in der griechischen Diaspora weiter. Vielmehr ist ihr Alphabet, ihr Wortschatz, ihre Syntax, ihr literarischer Einfluss nicht nur im Deutschen, sondern auch in allen europäischen Sprachen und somit in nahezu allen Sprachen der Welt lebendig. 

 

 

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Literaturangabe:

Aristeidis E. Konstantinidis: Die ökumenische Dimension der griechischen Sprache

Dr. Herbert Lehrke: Griechische Sprichwörter und Redensarten

Rolf Kussl: Wir sprechen alle Griechisch

wissen.de: Der Einfluss des antiken Griechenlands 

Geschichtsforum.de: Der Einfluss des Griechischen

Professor Panos TERZ: Deutsche und Griechen, Mentalitätsunterschiede, eine

komparative ethnologische Untersuchung

gutefrage.net: Suche deutsche Wörter, die aus dem Griechischen kommen

 

Lexika:

Christina Antoniadou & Petra Kaltsas: Lexikon der idiomatischen Redewendungen

G. Bampiniotis: Lexikon des Neugriechischen

Nikos Stathopoulos: Lexikon der Synonyme & Antonyme 

Wahrig: Deutsches Wörterbuch

Duden: Die sinn- und sachverwandten Wörter 

Wikipedia: Die griechische Sprache

Wikipedia: Liste von Gräzismen

 

Zeitschriften/Zeitungen

Taz-Artikel: wir haben keinen rationalen Staat

Spiegel-Artikel: Wir denken mit dem Gemüt

Elliniki Gnomi 

Europollitis

Griechenland Zeitung: deutschsprachige Zeitung in GR

Chip: Test und kauf